Mittlerweile gibt es etliche Online-Dating-Webseiten. Dass darunter auch welche für verheiratete oder vergebene Menschen sind, ist dabei nur wenigen bekannt. Das weltweit führende Dating-Portal für Vergebene heißt Ashley Madison. Obwohl das Konzept „Fremdgehen“ in der Gesellschaft auf Kritik stößt, zeigen die seit der Gründung im Jahr 2002 über 75 Millionen registrierten Mitglieder, dass es durchaus eine Nachfrage danach gibt – man darf aber nicht davon ausgehen, dass ausschließlich nach Affären gesucht wird. Sowohl das Konzept der offenen Beziehung als auch Polyamorie kommen immer häufiger vor. Ashley Madison hilft bei der Vermittlung, da es vielen Menschen online deutlich leichter fällt, neue Personen kennenzulernen.
Mit Vera Matt hat sich Ashley Madison eine neue Expertin ins Team geholt. Sie ist seit 2000 Paartherapeutin aus Leidenschaft: „Es ist für mich traurig zu sehen, wenn Menschen in ihren Beziehungen leiden und aus diesem Labyrinth nicht wieder herausfinden. Öfters beobachte ich, dass viele nach einem Model leben, das eigentlich gar nicht zu ihnen passt, nur weil sie denken, dass es so sein muss“, verrät sie. Seit nun drei Monaten steht sie dem Dating-Portal als Expertin zur Seite. Dabei kommentiert Vera Matt in erster Linie abgeschlossene Umfragen und ordnet sie aus paartherapeutischer Sicht ein. Inhalte sind dabei vorrangig Beziehungstypen, Entwicklungen innerhalb einer langfristigen Beziehung oder auch Themen rund um Monogamie.
Es gibt keine klassische Beziehung
Die Paartherapeutin sieht gerade die Darstellung von Beziehungen in der Gesellschaft als kritisch an: „Hollywood trägt seinen Teil bei: Durch das Schüren von falschen Bildern entstehen Erwartungen und Beziehungsansprüche, denen eine reale Beziehung nicht standhalten kann. Man sieht die Filme mit einem Happy End nach einem schwierigen Weg. Dann ist der Film zu Ende. Aber genau da fängt das echte Leben erst an. Da gibt’s dann Fragen wie: Was ist, wenn es mal Streit gibt? Klappts dann auch noch?“ Auch die Verallgemeinerungen einer Beziehung ist ein Problem: „Es gibt das genormte Paar einfach nicht“, erklärt sie. „Affären, Polyamorie und offene Beziehungen spielen immer größere Rollen.“
Die Unterschiede in Affäre, offener Beziehung und Polyamorie
Was genau machen diese Beziehungsarten aus? „Eine Affäre kann nur dann stattfinden, wenn du in einer als monogam verabredeten Beziehung lebst. Wenn du versuchst, monogam zu leben, obwohl dir das nicht entspricht, kann das gut gehen. Aber macht dich das glücklich? Monogamie ist nicht für jeden die passende Beziehungsform.“, verdeutlicht Matt. „Jede Partnerschaft hat eigene Spielregeln. Es ist wichtig, dass ihr darüber redet. Das beinhaltet auch, wie offen ihr eure Beziehung leben wollt: Darf man mit anderen Sex habe? Wenn nein: erzählen wir es uns, falls es doch passiert? Oder lieber nicht?“, führt sie weiter aus. Eine Affäre bedeutet meist auch mehr als das einfache Fremdgehen: sich lebendig fühlen, Spaß haben und ein selbstverantwortliches Leben führen. „Eine offene Beziehung heißt ich habe auch eine Hauptbeziehung, die auch bestehen bleibt, aber man darf sich mit anderen Leuten treffen und auch Sex haben. Da gibt’s einfach nichts, was es nicht gibt.“, erklärt sie. Polyamorie sei am kompliziertesten. „Polyamorie heißt unter anderem, dass man keinen Hauptpartner hat, sondern viele Menschen liebt. Polyamorie ist oft mit Eifersucht verbunden, denn sobald sich einer der Partner in den anderen verliebt oder gar eine Schwangerschaft im Spiel ist, können einseitig exklusivere Bindungswünsche entstehen.“, stellt Matt vereinfacht dar.
Zukunft ohne Monogamie?
Auch wenn der Trend in Richtung Affären und offenen Beziehungen geht, wird das monogamische Paar niemals verschwinden. Das zeigt auch eine Umfrage von Ashley Madison unter seinen Mitgliedern. Bei der Generation Z wünschen sich noch 41% eine monogame Beziehung, wobei bereits 32% der Befragten sich eine offene Beziehung wünschen und 27% eine polyamoröse. Vera Matt schätzt dies ebenfalls so ein: „Ich glaube der Wunsch nach Sicherheit ist immer da und der wird auch immer bleiben. Sicherheit und Geborgenheit assoziiert man schon mit einer monogamen Beziehung, weil man weiß, wenn man abends nach Hause kommt, ist der Partner da. Deswegen denke ich, dass es monogame Beziehungen immer geben wird.“ Trotz alle dem haben mittlerweile die „neumodischen“ Arten der Beziehungen wie Polyamorie oder offene Beziehungen durchaus ihre Berechtigungen, denn: „Die Frage muss sein: Wie können wir innerhalb von unserer Welt dafür sorgen, dass wir beide glücklich und authentisch leben und nicht das tun, was die anderen von uns erwarten?“, wie die Paartherapeutin zusammenfasst.